Die Beifallsstürme bereits zur Pause sprachen für sich. Staunend, fasziniert, begeistert, erlebten rund 800 Zuschauer das, was ihnen an zwei Abenden in der Stadthalle Wetzlar geboten wurde. Hierher hatten die Musik-Leistungskurse der Goetheschule am Mittwoch, 24. April, und Donnerstag, 25. April, zu ihren jährlichen Konzerten eingeladen. Zweieinhalb Stunden lang vermittelten 42 Schüler aus drei Leistungskursen (LK) einen Eindruck ihres Könnens und der musikalischen Arbeit am Wetzlarer Oberstufengymnasium.
A Capella und instrumental, modern und klassisch, eingängig und außergewöhnlich ging es dabei auf der Bühne der Stadthalle zu. Dabei demonstrierten die Schüler neben musikalischem Können auch die Kreativität und Fähigkeit, Bekanntes neu zu arrangieren, durch die Wahl der Instrumente zu verändern und somit jedem Stück eine eigene Note zu geben. Die vergangenen Wochen und Monate hatten sie so mit Üben und Vorbereiten der Konzerte verbracht – angeleitet und unterstützt von ihren Leistungskurs-Lehrern Irene Bauer-Weitz, Karl-Heinz Hautmann und Christian Stöhr.
Bereits das eröffnende Klarinetten-Septett legte die Messlatte hoch. Unter dem Titel „Boogie, Blues & Ragtime" hörte das Publikum klassische Stücke in neuem Gewand. Zu Recht wünschte Mark Wiedermann-Gralla – gemeinsam mit Vivien Münch und Lea Rauber Moderator des Abends – ein „barockisches Vergnügen".
Vergnügen hatten die Gäste auch an der Chorversion des Udo Lindengberg-Hits „Cello", das der LK Bauer-Weitz präsentierte – passende Kostümierung inbegriffen – oder den Klezmer-Stücken, die der LK Hautmann darbot. Hervorragend meisterte auch der Chor des LK Stöhr selbst die schwierigsten Passagen des Stückes „Over Hill, Over Dale" des englischen Komponisten Ralph Vaughan Williams. Eingängiger kamen da die Pop-Melodien „People Help the people", „For the longest Time" oder Coldplays „Viva la Vida" – letzteres in einer instrumentalen Streicherversion – daher.
Daneben faszinierten verschiedene Perkussions-Stücke. Zunächst machte das „Percussion Chaos" seinem Namen alle Ehre – wobei das Chaos selbstverständlich präzise und gewollt daher kam. Es folgte „Eine kleine Tischmusik", bei der Kochlöffel, Töpfe und Tische derart gekonnt zu Rhythmusinstrumenten wurden, dass es die ersten Besucher nicht mehr auf den Sitzen hielt.
Und dann kamen die Piraten und setzten noch einen drauf! Elija Kaufmann hatte aus Teilen der Filmmelodie des Hollywood-Hits „Fluch der Karibik" ein eigenes Medley arrangiert – für verschiedene Instrumente und „viel Schlagwerk", wie die Moderatoren ankündigten. Lichteffekte, Piratenkostüme, die Tatsache, dass die Musiker während des Stückes mehrfach die Instrumente wechselten oder Elija Kaufmanns Beherrschung des Marimbaphons machten den „Fluch der Karibik" endgültig zum Renner. Der Jubel des Publikums entließ die jungen Künstler in die Pause.
Weniger massentauglich war da die Darbietung von Auszügen aus John Cages „Song Books". Der 1992 verstorbene amerikanische Komponist vertrat die Auffassung: „Alles was wir tun ist Musik!" Seine „Song Books" sind eine Sammlung von musikalischen und theatralischen Stücken, die laut den Anweisungen des Komponisten in beliebiger Reihenfolge, nacheinander oder gleichzeitig präsentiert werden sollen. Dabei überlagern sich Klänge und Töne und schaffen so ein völlig neues Hörerlebnis. Die Darbietung der Goetheschüler beinhaltete unter anderem ein Klavierstück, das Tippen auf einer Computertastatur, ein Würfelspiel und einen Schüler, der von der Bühne in einen Verschlag sprang – und kurz darauf in einem Pinguinkostüm wieder auftauchte. Auch wenn nicht jeder Zuschauer die Ansicht John Cages teilte, dass wirklich alles Musik ist: Amüsant war es allemal.
Einig war sich das Publikum dann aber beim traditionellen gemeinsamen Abschlusschor aller Leistungskurse. In diesem Jahr hatten Elija Kaufmann und Johannes Wagner-Schirrmeister das Arrangement übernommen und unter dem Titel „Ich wollte nie erwachsen sein" zahlreiche Kinderserien-Hits chor-tauglich gemacht. Da gab es ein Wiedersehen mit der Biene Maja, Pippi Langstrumpf, der Sendung mit der Maus oder der Gummibärenbande. Das alles gipfelte in Peter Maffays gefühlvoller Ballade „Nessaja", der die titelgebende Textzeile entstammt, und spätestens jetzt blieb augenscheinlich keiner der Besucher in der Stadthalle mehr unberührt. Minutenlange stehende Ovationen waren der Dank an die Goetheschüler.