Nun ist es offiziell: Zum ersten Mal in der seit 1799 andauernden Schulgeschichte übernimmt eine Frau die Leitung der Wetzlarer Goetheschule. Am gestrigen Freitag erhielt Annette Kerkemeyer aus den Händen des leitenden Schulamtsdirektors Jochen Reinhardt ihre Ernennungsurkunde zur kommissarischen Schulleiterin. Somit ist die seit einem halben Jahr vakante Schulleitungsstelle an Hessens größtem Oberstufengymnasium nun wieder besetzt. |
Annette Kerkemeyer ist ein „Eigengewächs der Goetheschule“, wie Personalrat Holger Sturm den bei der Ernennung Anwesenden mitteilte. Im Jahr 1989 absolvierte sie hier ihr Abitur. Seit 2014 war sie bereits stellvertretende Schulleiterin an der Goetheschule. Zuvor unterrichtete Kerkemeyer 14 Jahre lang an der Schwingbachschule in Rechtenbach, wo sie neben Abordnungen an die Goetheschule auch durch ihre Aufgaben als Leiterin des Gymnasialzweigs stets Kontakt zur Oberstufe hatte.
Schulamtsdirektor Reinhardt sagte, er freue sich ganz außerordentlich, Annette Kerkemeyer mit der Leitung der Goetheschule kommissarisch zu beauftragen – was das versammelte Kollegium mit anhaltendem, lautstarkem Applaus quittierte. Diese Reaktion, so Reinhardt, zeige die hohe Wertschätzung, die Kerkemeyer an der Goetheschule genieße. Auch er selbst sehe die Ernennung ausdrücklich sehr positiv, da er Kerkemeyer während zwei gemeinsamer Arbeitsjahre am Staatlichen Schulamt als kompetent, zuverlässig und somit als für die Leitung einer Schule in hohem Maße geeignet ansehe. Auch durch ihre kommunikativen Fähigkeiten verstehe sie es, für Verständigung und Verstehen zu sorgen und so den geeigneten Rahmen für die Entwicklung der Schule und jedes einzelnen zu schaffen.
Im Namen des Kollegiums überreichte der Personalrat verschiedenen Geschenke an die neue Schulleiterin, darunter einen Glücksbaum sowie eine Pflanze, die laut Aussage von Holger Sturm bereits die Maya zum Knüpfen von Seilen verwendeten. So solle es auch Kerkemeyer gelingen, neue Seile zu knüpfen, Hilfsseile zuzuwerfen, wenn dies nötig sei, oder zu gegebenem Anlass auch einmal „alle Leinen los“ zu lassen. Als Schülervertreter gratulierte SV-Mitglied Moritz Kramer, der sagte, auch die SV sei überaus froh, dass Annette Kerkemeyer die Stelle erhalten habe. Man wisse, dass es eine wunderbare Zusammenarbeit werde und freue sich darauf. Ein Ständchen mit Augenzwinkern brachten Schüler des Musikleistungskurses unter der Leitung von Christian Stöhr dar. Zu Ehren der frisch ernannten Schulleiterin spielten sie Roger Ciceros „Frauen regier‘n die Welt“.
Die neue Schulleiterin selbst dankte für die vielen freundlichen Worte, insbesondere aber auch für die Unterstützung und Ermutigung für ihre Bewerbung auf die Schulleitungsstelle, die sie aus vielen verschiedenen Richtungen erhalten habe. Ob man sich an einem Ort wohlfühle und dort gerne arbeite, hänge in sehr hohem Maße von den zwischenmenschlichen Beziehungen ab, sagte Kerkemeyer, und diese Beziehungen zu Schülerinnen und Schülern sowie Kolleginnen und Kollegen seien bereits in den vergangenen acht Jahren als stellvertretende Schulleiterin sehr bereichernd für sie gewesen.
Als sie gefragt wurde, ob sie sich eine Bewerbung als Schulleiterin vorstellen könne, habe sie sich dennoch zunächst Bedenkzeit ausgebeten – unter anderem, weil sie sich die Frage stellte, ob sich die Schulgemeinde eine gute Zusammenarbeit mit ihr als Schulleiterin vorstellen könne. Denn eines sei ihr während ihrer beruflichen Laufbahn immer wieder bewusst geworden: „Schule kann nur gemeinsam gelingen.“ Und so betonte Kerkemeyer: „Die große Unterstützung, die ich von vielerlei Seiten innerhalb und außerhalb der Schule erhalten habe, hat einiges zu meiner Entscheidungsfindung beigetragen.“
Für die Zukunft der Goetheschule wünsche sie sich vor allem gegenseitiges Vertrauen, Wertschätzung und Respekt – auch oder gerade, wenn man einmal nicht einer Meinung sei. Ebenso wünsche sie sich, dass auch in Anbetracht hoher Arbeitsbelastung die Freude an der pädagogischen Arbeit nicht verloren gehe und an der Goetheschule weiterhin so viel miteinander gelacht werde.
Sie glaube, dass dies mit der Schulgemeinde der Goetheschule – Schülerinnen und Schülern, Eltern, Kollegium, Freunden und Förderern sowie verantwortlichen Personen aus Schulverwaltung, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur – gelingen könne, sagte die neue Schulleiterin und ergänzte: „Deshalb freue ich mich, diese Schule, mit der ich mich schon seit vielen Jahren identifiziere, gemeinsam mit Ihnen allen weiter zu gestalten.“