Juchhu, denkst Du, noch ein Jahr, dann ist das Latinum geschafft und die Mühe und Arbeit, die Du in den letzten vier Jahren in das Lernen von Vokabeln, Formen und Grammatikregeln gesteckt hast, sind vorbei!
Was erwartet Dich in diesem einen Jahr?
Zunächst einmal gibt es ja die unter Euch, die vielleicht – durch die Wehen der Pubertät leicht geschwächt – ein paar Grundlagen der Grammatik verdrängt oder vergessen haben! Mit Blick auf diejenigen geht es so los, dass wir zuerst einmal schauen, wo die Lücken genau sind und uns dann Zeit nehmen, diese Lücken zu füllen. Dabei hilft uns eine repetitio, in der die wichtigsten Grammatikkapitel erklärt sind. Vor allem aber helfen Euch Eure Lehrerinnen und Lehrer. Gleichzeitig steigen wir in die Literatur der ausgehenden römischen Republik ein. Alte Wertvorstellungen prallten damals auf einen Alltag, der von politischen Unruhen, Revolten, Verschwörungen geprägt war. Diese Gesamtsituation war für große Teile der Bevölkerung schlimm, aber die Kunst des Schreibens bzw. des Redens wurde von diesen Spannungen beflügelt. Wir werden Texte von Cicero, einer zentralen Gestalt dieser ausgehenden Republik, übersetzen, in denen er seine Wertvorstellungen darlegt, aber auch Teile von Ciceros Reden übersetzen und analysieren, die sein rhetorisches Talent zeigen und aus denen wir lernen können, wie mit einer Rede Emotionen geschürt und Zuhörer gelenkt werden.
Anschließend wird die historische Epoche der Kaiserzeit, genauer die Zeit des Augustus, in den Blick genommen. Der Dichter Ovid wird uns zeigen, welche Beziehungsprobleme mythologische Figuren hatten, und Ihr werdet feststellen, dass die 2000 Jahre, die zwischen Ovid und uns liegen, wie ein Nichts sind. Ob diese Literatur unpolitisch war? Ihr werdet sehen! Nach der Lektüre von Ovid werden wir uns dem römischen Schriftsteller Plinius d. Jüngeren widmen, der uns mit seinen Briefen einen spannenden Einblick in Fragen der römischen Gesellschaft des späten 1. Jahrhunderts nach Christi Geburt geben wird: Wie kann und sollte ein Römer der Oberschicht seine freie Zeit sinnvoll verwenden? Bieten Gladiatorenkämpfe dazu eine Möglichkeit? Wie sieht ein gelungenes Gastmahl aus? Wie jagt man einen Eber? Wie sieht die ideale Ehefrau aus?
Juchhu, denkst Du. Jetzt ist es geschafft! Aber vielleicht geht es Dir ja so, wie es etlichen Schülerinnen und Schülern vor Dir schon gegangen ist. Die ganze Grammatik ist aufgefrischt, neue Grammatikkapitel gibt es nicht, und die Literatur ist so richtig interessant geworden. Also: Vielleicht hast Du jetzt Lust, doch weiter Latein zu machen, das Du als Leistungskurs oder als Grundkurs belegen kannst. Und ganz unter uns: Hessenweit haben die Lateinerinnen und Lateiner im Landesabitur in den letzten Jahren ganz weit vorne mitgespielt!