Edda Schönherz berichtet Goetheschülern von ihrer Zeit im Stasi-Gefängnis

Eine Geschichtsstunde der besonderen Art haben am Dienstag, 26. April 2016, Schüler der Q4 an der Wetzlarer Goetheschule erlebt. Zu Gast war Edda Schönherz, ehemalige Fernsehansagerin in der DDR, die 1974 wegen „staatsfeindlicher Verbindungsaufnahme“ zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Von ihren Erfahrungen im berüchtigten Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen berichtete sie den Goetheschülern. Der Besuch von Edda Schönherz am Wetzlarer Oberstufengymnasium war durch die Zusammenarbeit mit dem Lions-Club Wetzlar-Solms und dessen Präsidenten Hans-Jürgen Irmer ermöglicht worden.

Schönherz, Jahrgang 1944, die den Verhältnissen in der DDR zwar kritisch gegenüber stand, hatte diese Kritik nach eigener Aussage nie offen geäußert. 1974 jedoch, erkundigte sie sich bei der US-amerikanischen sowie der deutschen Botschaft in Budapest nach Möglichkeiten in die BRD auszureisen. Da die Botschaften observiert wurden, nahm das Ministerium für Staatssicherheit die bekannte Fernsehansagerin kurz darauf fest und brachte sie zur „Klärung eines Sachverhalts“ zunächst in die Stasi-Untersuchungshaftastalt Berlin-Lichtenberg, wenige Tage später nach Berlin-Hohenschönhausen. Es folgten drei Jahre Haft im Frauengefängnis Hoheneck. Nach ihrer Entlassung aus der Haft im Jahre 1977 dauerte es noch zwei Jahre, bis Schönherz die DDR verlassen durfte. Sie zog nach München, wo sie bis ins Jahr 2000 beim Bayrischen Rundfunk arbeitete. Seit dem Jahr 2003 hält sie Vorträge als politische Referentin der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen.

Den Goetheschülern erzählte Schönherz von den entwürdigenden Prozeduren, die die Staatssicherheit in Hohenschönhausen anwendete und denen man vom Moment der Ankunft permanent ausgesetzt war. Sie berichtete von psychischer und physischer Folter, von unmenschlichen Verhörmethoden, von ständiger Beobachtung, Schlafentzug und vermeintlichen Mithäftlingen, die in Wahrheit selber für die Stasi arbeiteten. All das konnte Schönherz, da sie es selber erfahren hatte, so plastisch und eindringlich schildern, dass die Goetheschüler ihrem Vortrag gebannt und mitunter auch ungläubig folgten. So hörten sie Berichte über Todesstrafen, die durch die Guillotine vollstreckt wurden, oder von Gefangenen, die man heimlich Röntgenstrahlen aussetzte, damit sie an den Spätfolgen starben.

Auch die Zeit nach der Wende fand Platz im Vortrag. Die Referentin ging darauf ein, wie Täter und Opfer heute mit den Erlebnissen und miteinander umgehen. Immer wieder versuchte sie den Schülern auch die hinter solchen Taten steckende Ideologie und Machtansprüche zu erklären und offen zu legen. Es sei selbst heute, ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der DDR, noch keineswegs selbstverständlich, dass man vor solchen Ideen sicher sei. Deshalb gab Edda Schönherz den Schülern mit auf den Weg: „Wir müssen wachsam sein!“

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Edda Schönherz berichtete den Goetheschülern von ihren Erfahrungen im berüchtigten Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen.